19.11.20
Ja, es geht Angst und Unsicherheit um. Es sind immer noch über 5’000 Fälle pro Tag, und man wird den Eindruck nicht los, dass lange nicht alle „Positiven“ getestet werden, ja, es ist ganz sicher so, dass nun viele Leute, vor allem Kinder, mit einem „ruchen“ Hals nicht getestet werden, weil es ja normal ist, dass man in diesen Tagen etwas verschnupft ist.
Das ist übel. Übel ist auch, dass man keinen guten Antikörpertest hat, dass man nicht messen kann, wer Immunität entwickelt hat. Da ist man immer noch auf Spekulationen angewiesen. Und die schiessen ins Kraut. Kaum ein Doktorand in Virologie oder Epidemiologie, der nicht schon über eine Studie interviewt worden ist!
Derweil macht man sich mehr und mehr berechtigte Sorgen über den psychischen Zustand der Bevölkerung. Abgesehen von Trump beschäftigt die Menschen kaum noch etwas ausser Cov-2. Und das ist nicht gut. Wir müssen uns daran gewöhnen, in abnormalen Zeiten unser normales Leben zu leben. Unseren Drang nach Wissen und Information nicht nur auf das Virus zu beschränken. Auch mal abzuschalten. Nicht täglich nach den COVID Zahlen zu gieren. Nicht jede Aussage des Herrn Berset als erstes in der Zeitung zu lesen.
Mich erstaunt ganz besonders, wie viele junge Menschen (zwischen 20 und 40, meine ich da) hilflos vor dem Risiko kapitulieren. Sie können sich nicht vorstellen, dass es Leute gibt, denen die Gesundheit nicht über allem steht. Die eine gewisse Risikobereitschaft entwickelt haben, was angesichts der Tatsache, dass nur eine Person von 100 überhaupt positiv getestet wird, und dass von diesen 100 vielleicht fünf schwer erkranken und eine stirbt, doch vernünftig zu sein scheint.
Natürlich muss da sofort angemerkt werden, dass wir trotz allem eine sehr starke zusätzliche Belastung der Spitalinfrastruktur erleben. Dies kontern wir aber mit den Schutzmassnahmen, die unbedingt nötig sind. Nur: Es gibt Grenzen, Grenzen da, wo das „normale“ Leben übermässig eingeschränkt werden soll, wie es die oben angemerkten Jungen verlangen. Denn: Es gibt ein Leben nach der Pandemie. Und: Es wird wohl nicht die letzte Pandemie sein, die wir bewältigen müssen. Es wird leider nicht so sein, und auch nicht den Wunschvorstellungen gewisser Leute entsprechen, dass wir, wenn wir alle nun in unsere Dornröschenschlösser verschwinden und dort gemütlich einschlafen, in ein paar Jahren von einem Prinzen geweckt werden, der uns verkündet, alles sei nun vorbei und wir könnten weitermachen wie bisher.
Nein, eine Pandemie ist eine schlimme Sache. Sie zerstört Illusionen und Lebensentwürfe. Sie bedroht Existenzen, ja sogar Leben.
Und gerade darum müssen wir Kompromisse schliessen. Kompromisse zwischen körperlicher Gesundheit, psychischem Befinden, sozialem, politischem und wirtschaftlichem Leben. Allerdings gibt es Zeiten, wo man Prioritäten setzen muss. Setzen und Durchsetzen. Und gegenwärtig müsste es konsequenterweise heissen, dass die Gesundheit prioritär ist, nämlich weil das Ziel aller Massnahmen von Anfang an war, das Gesundheitssystem nicht zusammenbrechen zu lassen. Und da sind wir nahe dran. Darum machen es unsere Behörden im Moment nicht gut. Sie haben das Ziel aus den Augen verloren und verlieren sich in unübersichtlichen Kompromissen.
08.12.20
Das sind Zeiten! Und es will nicht aufhören. Noch immer ist Theres ohne Geschmacks- und Geruchssinn. Das ist sehr unangenehm. Corona ist nicht zu bändigen, auch im Persönlichen nicht. Zu guter Letzt wird es wohl so sein, dass wir uns damit werden arrangieren müssen, unser Leben normal weiterführen. Es wird unmöglich sein, bei einer Pandemie die INDIVIDUELLE Gesundheit als höchstes Gut und alleinige Leitlinie zu etablieren. Wir sind gerade daran, als Gesellschaft die Nagelprobe zu machen, in allen Ländern.
Einfach habe es die Diktaturen und Autokratien. Sie regieren das Volk mittels Smartphone-Apps und deren Ampeln. Sie schämen sich nicht, zuzugeben, dass sie jederzeit und überall wissen, wo ihre Menschen sich aufhalten, respektive, wo sie eigentlich sein sollten und setzten dies rigoros durch.
Das geht bei uns nicht. Ich wehre mich ja schon von Anfang an gegen jede Überwachung, habe die entsprechende COVID-App deswegen nicht installiert, auch wenn mir ihr Nutzen eigentlich einleuchtet. Aber das geht einfach nicht.
Vieles haben wir akzeptiert, was noch vor einem Jahr undenkbar erschien. Masken, Abstand, Personenregeln, Ausgangseinschränkungen, Quarantäne und Isolation, um nur das Wichtigste zu nennen. Auch der Besuch von Beizen wird geregelt. Wir lassen uns ohne zu murren von den Regierungen ins Privatleben dreinreden. Sogar Familientreffen sollen nur noch Corona konform durchgeführt werden.
Das alles ist für Viele zu viel. Und ich habe Verständnis dafür. Allerdings: einfach so, wie es die „Coronaskeptiker“ vorschlagen, einfach so zum früheren Alltag zurück, das geht nicht. Dafür hat es bisher einfach zu viele Schwerkranke und Tote gegeben. Wir reden nicht von einer Grippe.
Dafür haben wir endlich den Trump weg. Noch ist er da und kämpft, wie wenn es um sein Überleben gehen würde. Er strampelt und brüllt wie ein Kleinkind, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat. Aber die USA sind halt kein Spielzeug für einen kindischen alten weissen Mann.
13.12.20
Nun wird es noch ernster. Deutschland ruft einen Lockdown aus, wir in der Schweiz leiden nur unter dem Beizenschluss von 19 Uhr, und, natürlich wie immer, unter dem dauernden Druck unserer diversen Oberen, die uns härtere Massnahmen androhen, sie aber dann doch nicht durchsetzen. Oder eben ganz andere Massnahmen durchzusetzen versuchen. Wir wissen nie genau, wie viele von uns sich noch wo treffen dürfen, ob wir noch Skifahren gehen dürfen oder in die Beiz. Haben die da oben denn nie gelernt, wie man mit Kindern umgehen muss? Dass man sich klar ausdrücken muss? Und sich durchsetzen, nicht nur NEIN sagen und dann wegschauen?
Es ist ein heilloses Durcheinander, und männiglich schaut sich hinter der feuchten Maske nur noch verwirrt in die Augen. Es gibt bei uns nun endgültig keinen Konsens mehr. Und obwohl der Bundesrat irgendwie zu ordnen versucht, macht er immer wieder den grossen Fehler, irgendwelche Kompromisse zu akzeptieren, die ihm von der Wirtschaft, den Kantonen oder den Parteien aufs Auge gedrückt werden. Das haben wir jetzt davon, dass wir nicht wie andere Länder, entweder de facto (Merkel) oder de jure (Macron), ein autoritäres System haben. Es zeigt sich auch immer deutlicher, dass in unserem Land im Augenblick kein Politiker genügend Charisma hat und Herr oder Frau der Lage sein könnte.
Unsere Epidemiologen oder Virologen, Infektiologen und sonstigen -iologen schwafeln munter vor sich hin, jeder erzählt etwas anderes, aber immer etwas Dramatisches. Niemand hält sie auf. Das Bundesamt für Gesundheit hat zu keinem Zeitpunkt der zweiten Welle agiert, immer nur reagiert. Noch heute beklagt es sich, dass es gewisse statistische Unterlagen von den Kantonen nicht oder verspätet oder nur handschriftlich erhält. Nach einem Jahr – immer noch wird gefaxt. Dann sollen sie das doch schleunigst ändern!
In den Zeitungen kann man immer wieder grobe Fehler finden, die Journalisten machen, weil sie zum ersten Mal etwas von Teststatistiken hören; sie verwechseln Sensitivität mir Spezifität, sie überlegen in ihrer Kritik nicht, dass falsch negative schlimmer sind als falsch positive Resultate, weil sie noch immer das Individuum im Vordergrund haben, nicht die Gesellschaft, wie es in Pandemiezeiten nötig wäre. Es wird auch herumgefaselt, dass man schon längst impfen könnte, aber die Behörden in der Schweiz zaudern würden, und belegen das mit den Beispielen der notfallmässig zugelassenen Medikamente (z.B. Remesdivir) von dem man ja nun weiss, dass es nicht viel bringt und seine notfallmässige Zulassung eher kontraproduktiv war.
Ja, im Moment ist es schlimm! Was für ein Chaos!
Dennoch: ceterum censeo: Trump ist weg, nun auch mit dem Segen des supreme court.
14.12.20
Nun spitzt sich die Lage von Neuem zu. Die Spitäler melden Notstand. Nicht ausrüstungsmässig, mit Geld sind wir hierzulande schnell zur Hand, nein, mit Personal. Was schon lange absehbar war: Das Spitalpersonal hat genug. Nicht einfach so, gewerkschaftlich. Sondern physisch und psychisch. Natürlich ist es verständlich, wenn die Wirtschaft ihre Belange auch einbringen kann. Es ist auch so, dass ein gewisses Mass an Risikobereitschaft von der Bevölkerung erwartet werden darf, dass die totale Abschottung ja nicht möglich ist. Aber es war ja immer das erste Ziel aller Anti-CoV-Massnahmen, das Gesundheitswesen nicht zu überlasten. Und dazu gehört ganz klar auch das Personal, nicht nur die Betten! Und wenn das nicht mehr angehört wird, dann ist die Katastrophe nahe. Der Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht.
Also: Werden wir den endgültigen Lockdown nächste Woche haben?
18.12.20
Der Bundesrat verkündet neue Massnahmen. Einen echten Lockdown gibt es nicht, aber alle Beizen gehen zu, und man schränkt die Zusammenkünfte nochmals etwas ein. Ausserdem warnt man vor zu grossen Weihnachtsfesten.
Skigebiete dürfen aber mit Auflagen offenbleiben, und Kantone, in denen der R-Wert <1 ist, dürfen auch die Restaurants offenhalten, das gilt vor allem für die welschen Kantone.
Wiedermal vermeidet es der Bundesrat, ungeliebte Massnahmen zu verhängen. Wiedermal hat es für die Wirtschaft jede Menge Zückerli, während das Pflegepersonal in den Spitälern hoffnungslos überlastet ist. Das ist den Oberen offenbar egal. Wichtiger ist scheint’s, dass man Ski fahren kann.
Ich schäme mich für unser Land. Es wird seinem Krämerimage wieder einmal voll gerecht.
19.12.20
Heute wurde in der Schweiz der erste Impfstoff zugelassen!