11.03.2023
Ärger!
Ich ärgere mich. Schlimm genug, wie es auf der Welt zugeht. Aber wie unsere Politik darauf reagiert, ist beschämend. Beschämend in jeder Beziehung. Fangen wir von vorn an: Diese Session der eidgenössischen Räte ist noch keine Woche alt, und schon hat sich die egozentrische Sichtweise durchgesetzt: Zwar wollten FDP und SP für die Unterstützung der Ukraine einsetzen und die ausserordentliche Weitergabe von an die EU-Staaten gelieferten Waffen erlauben, aber Wortklaubereien verhindern das weiterhin. Der Bundesrat schweigt.
Zur Stärkung der Berufslehren wurde der Vorschlag gemacht, einen einheitlichen Titel für die berufliche Weiterbildung zu schaffen: „technical Bachelor“. Dieser Titel ist in mehreren Staaten eingeführt und hätte die Berufslehre aufgewertet. Ausserdem wäre es dadurch möglich geworden, z. B. gewisse verantwortliche Tätigkeiten im Bereich Gesundheit vom ärztlichen Dienst auf das Pflegepersonal zu übertragen und auch zu verrechnen. Der Nationalrat lehnt dies nach Lobbying der Unis und Fachhochschulen ab. Der Bundesrat nimmt nicht eindeutig Stellung.
Dass der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch verbleibt und nicht ins KVG übernommen wird, ist in unserem Land ja klar: Die Regelungen (Fristenlösung) müsste nicht geändert werden, aber es hätte Frauen in Not entstigmatisiert. Der Schwangerschaftsabbruch nach heutigem Recht wäre eben ein Recht geworden und nicht eine Ausnahmeregelung im Strafgesetzbuch.
Die laufende Debatte über die erneuerbare Energie wird nach wie vor geprägt durch Angst, Vorsicht und Rücksichtnahme auf die allmächtigen Umwelt- und Landschaftsschutz NGOs. Es wird nicht gut herauskommen, da die grossen Verbände zwar immer wieder betonen, wie wichtig der Ausstieg aus der fossilen Energie sei, doch kaum haben sich die Türen der Verhandlungszimmer hinter ihnen geschlossen, kämpfen sie wieder weiter gegen jedes Projekt, dem sie kurz vorher zugestimmt haben. Heute lehnt der Nationalrat alle klimazielbetonten Artikel im neuen Landwirtschaftsgesetz ab. Ein Aufschrei unterbleibt. Die ökologisch ausgerichteten Fraktionen enthalten sich der Stimme.
Es geht bei uns zu langsam. Es hat in der Politik zu viele Mitspieler. Wir haben es mit der direkten Demokratie überzogen. Sie passt so nicht mehr zur Dynamik der heutigen Zeit. Nicht in allen Bereichen, sicher nicht, muss es unbedingt schneller gehen. Aber die Herausforderungen, bedingt durch Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit, Digitalisierung und Neuordnung der Welt, verlangen nach effizienteren politischen Abläufen. kürzeren Wegen. Hier herrscht akuter Handlungsbedarf! Und ausserdem bin ich überzeugt, dass ein mutigerer und geschlossener auftretender Bundesrat hier viel bewirken könnte! Aber ja….