Tagebuch 23 09 04
Wieder mal. Der Sommer ist ja jetzt vorbei, die Ruhe auch. Unsere Politiker wappnen sich für den heissen Wahlherbst. Das Kriegs-„Glück“ in der Ukraine wendet sich mal der einen, dann der anderen Seite zu. Es ist und bleibt heiss – summa summarum: Alles wie gehabt, also nicht so wie früher.
Kann sein, dass es das Alter ist, die Müdigkeit, die Langsamkeit, dass man den Gang der Welt fatalistischer zur Kenntnis nimmt. Vielleicht ist es auch die Hitze, respektive die wohlige Wärme am Abend, die einen friedlicher stimmt. Was auch immer: Ich wage es, von Zeit zu Zeit die Nachrichten zu überhören.
Doch zurück zum Anfang: Unsere Wahlen. Stattfinden werden sie in ein paar Wochen. Bis jetzt hat man noch nicht so viel davon gemerkt, ausser Albernheiten, wie das Wahlvideo der SVP mit dem geklauten Song. Aber wie das so ist: Hätten die Macher des Videos den Song nicht geklaut, wäre das Video im Rekordtempo im YouTube-Trash verloren gegangen. Doch schlau, wie die Macher waren: Mit dem eingebauten Klau haben sie es fertiggebracht, eine Woche lang im Boulevard Schlagzeilen zu machen. Klamauk- und Neinsager. Unwählbar!
Etwas, was den anderen Parteien einfach nicht gelingen will. Folgen der SVP, wenn sie ein Stadion mietet, 8000 Personen ins Geviert, sind es bei der FDP, wenn sie dasselbe versucht, nur etwa 1000, die sich ins Freiburger Eishockeystadion verirren. Peinlich, quasi. Nur: Mit der FDP ist es als Partei vorbei, sie wäre am Verschwinden, hätte sie nicht aus alter, schöner, hehrer Zeit noch ein paar Persönlichkeiten von echtem Format, die sie auch bei den kommenden Wahlen retten werden. Also lassen wir sie weiterdümpeln.
Die SP. Mein sonst nicht allzu enger Freund Frank A. Meyer sagt es so (BLICK vom 4.9.23):
Doch, doch, Mattea Meyer und Balthasar Glättli meinen es gut. Ihre politische Fürsorge gilt den sozial Schwachen. Die fortschrittsbeseelte Akademiker-Elite ist voller Wohlwollen für die anvertrauten Werktätigen.
Der Paternalismus ersetzt die politische Selbstbestimmung. Und der Maternalismus macht aus einst Mächtigen Ohnmächtige.
Was er damit meint: Die SP wurde von linken Akademikern übernommen, die keinen Schimmer von echten „Büetzern“ und ihren Bedürfnissen, ja ihrer Arbeit haben. Sie glauben zu wissen, abgehoben, wie sie sind, was ALLE wollen, nochmals Meyer:
„Zwar fordern Volksvertreter von Links-Grün beflissen die politische «Teilhabe» möglichst diverser Gruppen und Grüppchen – von den Genderfeministinnen über Migrationshintergründler bis zu Transmenschen.
Doch wo finden sich in den Reihen der Genossen noch die Fachkräfte, die der Wirtschaft täglich die so dringend nötige Kraft verleihen? Wo die Elektrotechniker*innen, die Pfleger*innen, die Solarinstallateur*innen, die Gebäudeinformatiker*innen, wo die Schreiner*innen, die Maurer*innen, die Schneider*innen?
Wo in dieser Welt der Politologen und Psychologen und Studienabbrecher kommt denn die Welt der Arbeit vor? Haben Arbeitnehmer mit Lebensschule statt Hochschule dort überhaupt etwas zu bestimmen? Besetzen sie die Führungsgremien der SPS, die doch von sich behauptet, die Partei der Arbeit zu sein? Bilden sie die Mehrheit in den linken Reihen des Bundesparlaments?
Also: Die SP schafft sich langsam, aber sicher selbst ab, da sie ihre Kernaufgabe vernachlässigt. Sehr, sehr schade! Aber dennoch: Die SP gehört dazu. Wählbar.
Die CVP versteht sich als „DIE MITTE“. Das ist politisch heikel. Zwischen Kompromisse schaffen und sich opportunistisch nach dem Wind zu drehen, das ist eine Wanderung auf einem schmalen Grat, von dem „DIE MITTE“ regelmässig abstürzt. Nicht wählbar!
Und die Grünen? Klima, Umwelt, Energie, Sozialstaat! Und dann, wenn es ernst wird: Nein, so nicht, schreien sie, sobald irgendwo ein Windrad, eine Solaranlage, ein. Stauwehr oder eine Rentenreform geplant wird. Ich will gar nicht weiter darauf eingehen, es ist so skurril, und nun will diese Partei auch noch einen Bundesrat. Wofür? Um uns alle ins goldene Neandertalerland zurückzuführen? Auf Velos? Sie behaupten zum Beispiel, dass man problemlos 40% der Energie sparen könnte, wenn man wollte, oder dass man Rüebli besser nicht rüsten sollte, wegen dem Foodwaste…. Sie wollen die Energiewende mit Verboten und Gebühren herbeizwingen – kurz, sie politisieren am Volk vorbei. Unwählbar.
Bleibt die GLP. Da bin ich ja dabei. Naja, das mit der Parole „Mut zur Lösung“ ist nicht gerade das Gelbe vom Ei, aber immerhin: Bei wichtigen Traktanden, wie Europa oder Klima, liegt die GLP meines Erachtens nach wie vor richtig. Wir müssen uns mit der EU endlich arrangieren, sprich anfreunden, Lösungen finden, miteinander und nicht gegeneinander leben lernen. Und beim Klima braucht es Zeit und Kompromisse. Mit dem Landschaftsschutz, mit Gebühren und Abgaben, mit dem Einsatz der Wirtschaft und der Gesamtgesellschaft. Mit Leitplanken statt Verboten. Wir müssen, sagt die GLP, die Klimawende schaffen. Aber MITEINANDER, nicht GEGENEINANDER. Leider aber ist die GLP immer noch ein wenig abgehoben, eben auch eine Akademikerpartei. Dieses Image wird sie nicht los. Das ist eine Erblast der FDP, von der sie halt ein Spinoff ist. Da wäre noch Einsatz nötig, Engagement zum Beispiel im Gesundheitswesen und vermehrt in den Fragen der Berufsbildung. Auch dort würde es den Mut zur Lösung brauchen. Aber dennoch: Wählbar!